praschl, 13. Mai 2002 um 14:26:19 MESZ Seed. Science & Culture. Seed trägt den Untertitel "Beneath the Surface" und beschäftigt sich laut Eigenauskunft auf dem Cover mit "Science & Culture". Kommt aus Kanada, kostet 4,95 USD, das Etikett mit dem Euro-Preis habe ich leider abgepult, gekauft habe ich es im Hamburger Hauptbahnhof, dürfte in Deutschland also im gut sortierten Zeitschriftenhandel erhältlich sein. Eine Website gibt es auch, leider ist sie nicht besonders aussagekräftig. Das Mission Statement lautet: Für mich interessant ist, dass es sich bei Seed um das einzige mir bekannte Zeitschriften-Konzept handelt, Wissenschaft hip zu machen, als Bestandteil der Pop-Kultur zu behandeln, mit ein wenig Glamour auszustatten. Wired macht das ja nur mit den Wissenschaften, die sich mit IT und ähnlichem befassen, bei Seed sind das durchaus auch die ganz normalen Naturwissenschaften. Finde ich vom Ansatz her nicht uninteressant. Mir liegt die Ausgabe 2 vor, die ich im folgenden kurz durchgehen will. Umfang: 138 Seiten, das Verhältnis editorials/Anzeigen ist geschätzt 70:30, also ganz angenehm. Das erste, was mir auffällt, ist ein außerordentlich hoher Anteil an klassischen Lifestyle-Anzeigen: Dior, Bang & Olufsen, Evian, Swatch, Puma usw., also nicht wirklich, was man in einem Wissenschafts-Magazin erwartet. Inhalt: Features:
Lange Strecken: Neben den genannten Artikeln gibt es noch drei längere Strecken, die recht deutlich den Lifestyle-Zugang von Seed demonstrieren.
Rubriken: Die Rubriken sind unter den Namen "scene/briefs" und "scene/resumes" zusammengefasst. In den briefs gibt es eher lustiges, verschmunzeltes, klassisch Vermischtes aus der Welt der Wissenschaft. Lustige Fall-Versuche mit dem Euro (öfter Zahl, öfter Kopf?), eine von einem koreanischen Wissenschaftler im Regierungsauftrag geschriebene Broschüre über Furze, lesbische Paare mit Babywunsch und dergleichen mehr. Na ja. In den resumes stehen eher "härtere" Meldungen aus der Welt der Wissenschaft. Der Heisenberg-Brief, Patentgesetze in Japan, eine Studie über die Zunahme von Kriegen, die wegen natürlicher Ressourcen geführt werden (Diamantenminen, Wasser usw.), der Biotech-Boom in England. Nicht uninteressant. Dazwischen: Einseitige, mit SW-Fotos bebilderte Mini-Portraits über einen Amateurkosmonauten, eine Dino-Forscherin und einen Künstler; eine Stockholm-Seite; eine Seite mit kleinen Buchempfehlungen; ein Kalender mit Terminen, die für science buffs interessant sind und eine smalltalk Seite. Layout: Versucht eine Balance zwischen lifestyle mag-Modernismus und diskreter Zurückhaltung, stört nicht weiter, rockt aber auch nicht wirklich. Was die Typos betrifft, können sie sich nicht ganz entscheiden zwischen serif und serifenlos für die Headlines, ein bißchen Verzicht täte dem Blatt ganz gut. Die Fotografie hat zwei Höhepunkte - die Öko-Reportage und die Unterwasserfotos. Für meinen Geschmack gibt es zu viele dunkle SW-Fotos, scheint ein Konzept zu sein, man weiß bloß nicht so genau, wofür. Gesamturteil: Den Ansatz finde ich vielversprechend, nachvollziehbar und sehr interessant. Ich glaube, dass es mittlerweile eine Menge Leute gibt, die in einem Universum von popular culture aufgewachsen sind und sich für Wissenschaft in einer Form interessieren, die zwischen hardcore Wissenschaftspublikationen und dem verzopften Volkshochschultum sagen wir von Geo Science usw. liegt. Die seed-Verwirklichung dieses Gedankens überzeugt mich aber noch nicht wirklich, nicht uninteressant, was da drin steht, aber mir fielen da noch viel bessere Geschichten ein, die den Ansatz deutlicher werden ließen. Und es gibt da noch zu viele Fehlentscheidungen: die Modegeschichte steht da komplett zusammenhanglos rum und hat aber auch gar nichts mit dem Konzept zu tun; dabei ließen sich klasse Modegeschichten produzieren, die den nerd, den Laboranten und den mad scientist ansprächen. Und am Einstieg müssen sie auch noch was tun, um sich von den vermischten Science-Seiten von Spiegel und Focus zu unterscheiden, ein wenig mehr attitude stünde dem Blatt nicht schlecht. comment! |
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